Inspirierende Weisheiten zu Corona

Gedanken zur aktuellen Corona-Krise

 

Wo ist die Zuflucht
vor dem Sturm
nennt mir den Ort
die Wohnung
die mir hilft zu retten
der Blüten Pracht

©  Peter Weber 2020

 

Ich geh durch den Supermarkt,

Gesichtsmasken, verkniffene Augen, düstere Augen, traurige Augen, Corona-Augen, bedrückte Seelenaugen.

Blickkontakte!

Mein Augenlächeln streut zwischen die Menge, wie Glitzer wirbelt es umher, zaghaft erhellend, blitzend die Augen der Gegenüber.

Sonnenscheingefunkel in Coronazeiten

©  Heidelinde Penndorf 2021


 EIN QUARANTÄNEBRIEF FÜR DICH

Ich, der sonst Wortgewaltige, bin verlegen um Worte, finde sie nicht, obwohl sie sich auf meiner Zunge bilden, aber wenn ich sie schreibe, zerfließen sie zu einem Brei aus stammelnden Lettern.

Schreibe ich freundliche Worte, können sie als Beschönigung wirken, wo die Lage nicht für freundliche Worte geeignet ist, sondern nur für Angst, Wut und Schreie.

Sende ich Nachfragen, können sie als unangemessen oder bohrend erscheinen, denn sie fragen vielleicht nach Dingen, auf die du selbst keine Antwort weißt.

Gebe ich Ratschläge, erscheinen sie lästig, denn wir werden in diesen Tagen
doch überschüttet mit Ratschlägen und können sie doch längst nicht alle
erfüllen.

Schreibe ich sachliche Berichte, über neue Erkenntnisse und Hintergründe,

bist du gelangweilt, denn du hast sie
bereits gelesen,
oder kommt es zum Streit, denn du vertraust anderen Verschwörungen

und glaubst entgegengesetzten Berichten und Hintergründen.

Schreibe ich witzig, sagst du zurecht, die Lage der Welt sei zu ernst,
um Witze zu machen und schreibe ich ernst, sagst du, es sei zu viel und unerträglich.

Ersinne ich zärtliche Worte, werden sie lächerlich erscheinen in Zeiten, wo wir an das Überleben denken, um Sicherheit, Reisen und Wohlstand trauern und darum kämpfen, Abstand zu lernen, und uns mit Wasser, Seife und Einsamkeit befreunden.

CHO, 27. März 2020

Doch notiere ich in meinem Brief Gedanken über die Zukunft, erscheinen sie als Luftnummern oder entlocken nur ein müdes Lächeln, denn was gestern noch galt,
ist heute Unsinn und wir wissen nicht, was morgen ist, und jedem Traum fehlt der Quadratfuß der Wirklichkeit.

Wollte ich über körperliches Verlangen und wilde Träume fantasieren,
über dunkle Tore, die wir Hand in Hand durchschreiten,
gibt es keine offene Grenze mehr dafür, kein Ohr, welches mein Flüstern hört; ängstliche Haut begehrt nicht und wir erfrieren einsam in der Zeitkapsel unserer Körper.

Und berichte ich von der milden Luft auf meinem Balkon, von der Ruhe in den Straßen,vom blauen Band der Blumen, vom fehlenden Lärm der Flugzeuge und dem lauten Zwitschern der Vögel, antwortest du, ich lüge eine Idylle herbei, und dies sei nur die Ruhe vor dem Sturm, vor dem Heulen der Ambulanzen, den Schreien der Witwen und dem Röcheln sterbender Lungen.

Und wie beende ich diesen Brief, mit Küssen und Umarmungen? Nette Worte, und doch Hochstapelei, denn wir wissen, dass wir uns nie wieder oder für viele Monate und vielleicht Jahre nicht umarmen und nicht küssen können. Nur eines weiß ich sicher und kann es sagen, ohne zu heucheln, ohne pathetisch oder rot zu werden.

Ich denke an dich.

CHO, 27. März 2020

EIN QUARANTÄNEBRIEF FÜR ALLE

Vielleicht sollte ich euch von meinem Alltag erzählen, dass jetzt vor meiner Tür der grässliche Riese Chlor Wache steht, von meinem täglichen Kampf um Papier und Alkohol, von den kräftezehrenden Regeln, die ich mir selbst auferlegt habe, mit denen ich den Tag starte wie ein Flugzeugkapitän seinen Flieger.

Möglicherweise sollte ich berichten, dass meine Haare scheußlich wachsen, weil kein Friseur sie mehr schneidet, von dem kruden Problem, mit Handschuhen eine Geheimzahl zu drücken. Aber was sind das alles für belanglose Kleinigkeiten im Vergleich zu denen, die um Luft ringen und jenen, die weinen.

Wahrscheinlich sollte ich politisieren, dass ich denen nicht mehr traue, die uns lange in falscher Sicherheit gewiegt haben, aber selbst den einfachsten Schutz vergaßen, dass ich solche verachte, die auf Balkonen applaudieren aber kein Gefahrengeld nach unten werfen zu denen, die den rostigen Leierkasten drehen.

Gewiss sollte ich schreiben, dass ich die verabscheue, welche diese schweren Zeiten zum Anlass nehmen, sich zu profilieren und um das goldene Kalb der Wiederwahl und der Wirtschaft zu tanzen?

Doch was nützt es, wenn gerade jetzt die geliebt werden, die ein markantes Kinn mit leeren Worten verbinden?

CHO, 28. März 2020